"Learning
by doing", so beschreibt Rolf Römer gerne seine erste Beschäftigung mit
dem Jazz. Der gebürtige Wiesbadener ließ sich vom eingeschlagenen
Werdegang, eben Jazzmusiker zu werden, nicht abbringen, auch wenn ihn
das klassische Klarinettenstudium an der Frankfurter Musikhochschule
zunächst in ganz andere solistische Kategorien führte. "Es gab aber
kein Zurück, ich war vom Jazz infiziert", stellt Rolf Römer fest, wenn
er an erste Spielerfahrungen auf dem Alt-, später auf dem
Tenorsaxophon, an Transkriptionen unterschiedlichster Jazz-Titel von
Platten oder an Besuche in Jazzclubs in der Region zurückdenkt. Eine
unschätzbare Spielpraxis und Lebenserfahrung war für den
Jazzenthusiasten die Konzerttätigkeit in verschiedenen Jazzformationen,
wobei ihn Konzerte zu amerikanischen Clubs in ganz Europa führten.
Genauso prägend wie die umfangreiche Konzertaktivität war für Rolf
Römer der Aufenthalt von 1965 bis 1969 in Paris. Dort bahnte sich der
Freelancer, protegiert von Heinz Schäfer, - einem vielbeschäftigten
Filmkomponisten und Arrangeur, der u.a. für Charles Aznavour tätig war
-, seinen Weg zu Studiojobs, Engagements bei Konzert-Galas, Konzerten
und vielen Jam-Sessions in diversen Jazzclubs. Den kulturellen
Schmelztigel Paris verließ Rolf Römer 1969 in Richtung Berlin, wo er
als Tenorsaxophonist der SFB Big Band bis 1980 an zahlreichen
TV-Produktionen und Konzerten mit vielen Stars (Quincy Jones, Oliver
Nelson, Nancy Wilson, Ray Charles, Ray Brown und vielen anderen)
beteiligt war. Neben der Orchesterarbeit engagierte sich der
Jazz-Allrounder früh für eigene Projekte. Hier feilte der Tenorist im
kommunikativen Teamplay an seinem Sound. Auf seine musikalischen
Vorbilder angesprochen, erwähnt Rolf Römer einige Jazz-Heroen, darunter
Charlie Parker, John Coltrane, Zoot Sims, Stan Getz, Gerry Mulligan
oder Dexter Gordon. "Natürlich habe ich viele stilistische Einflüsse
verinnerlicht. Wichtig war mir immer, meine eigenen Sachen zu machen".
Diesem Leitgedanken ist Rolf Römer bis heute treu geblieben.
Der Wechsel von Berlin nach Köln zur WDR Big Band Köln
markierte in der Biografie des Jazzmusikers einen neuen
Lebensabschnitt. Am 1. Dezember 1981 hatte der Tenorsaxophonist seine
Arbeit in dem WDR-Orchester aufgenommen. Von Beginn an faszinierte ihn
die konzeptionelle Vielfalt in der Orchesterarbeit, aber auch das
musikalische und solistische Potenzial seiner Orchesterkollegen. Hinzu
kam, dass die WDR Big Band Köln kein Repertoire-Orchester, sondern ein
Jazz-Orchester mit einem innovativen Programmprofil ist, was nicht
zuletzt den Tenorist in seiner 23-jährigen Orchestertätigkeit stets
aufs Neue herausforderte, zumal stilistisch vielfältige Projekte des
langjährigen Orchestermanagers und Produzenten der WDR Big Band Köln,
Wolfgang Hirschmann, und seines Nachfolgers Lucas Schmid das Repertoire
neu ausweiteten. Besonders froh und zufrieden stimmt den Musiker, dass
während seiner Zeit die WDR Big Band Köln ihren Aufstieg zu einem
Jazzorchester von internationalem Rang machte. Ebenso freute es ihn,
"dass wir so oft mit Mel Lewis gespielt haben. Mel hat uns aufhorchen
lassen. Jerry van Rooyen war der erste Chefdirigent, der die Band
geprägt hat. Genauso erinnere ich mich gerne an Projekte mit Bill
Dobbins, Bill Holman, Phil Woods, Jim McNeely, Bob Brookmeyer, Django
Bates, Clare Fischer, Vince Mendoza, an die Konzerte in Montreux mit
Quincy Jones und unsere Konzerte in den USA. Insbesondere die Arbeit
mit vielen bekannten Jazzkomponisten und Arrangeuren, deren
Soundvorstellungen wir in der Band stets neu umzusetzen hatten, dies
alles hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht". Spielfreudig
und gut gelaunt präsentierten sich Rolf Römer und Rick Kiefer mit der
WDR Big Band Köln beim Sonderkonzert "Rolf und Rick" (Leitung: Michael
Abene). Der bunte Programmmix aus Standards, neuen Arrangements von
Michael Abene, Dave Horler und anderen Band-Leadern erhielt durch Rolf
Römers Eigenkomposition "Penta Chang" und der Bearbeitung der "Gigue"
aus der Partita Nr. 3 von Johann Sebastian Bach (Orchesterarrangement:
Bill Dobbins) zusätzliche Farbe. Weitere Impulse für den solistischen
Austausch unter Bandkollegen lieferte der Tenorsaxophonist Olivier
Peters mit seiner Komposition "Tune for you". Es war dies zugleich ein
musikalisches Präsent und Dankeschön an Rolf Römer, den Olivier Peters
in den 70er Jahren bei einer Studioproduktion kennen gelernt hatte und
mit dem er gemeinsam ab 1985 in der WDR Big Band Köln den Sound des
Tenorsaxophons als Teamplayer und Solist verfeinerte. Nach
dem Abschluss seiner Arbeit für die WDR Big Band Köln wird Rolf Römer
seine seit vielen Jahren gepflegte Konzerttätigkeit in eigenen Trio-,
Quartett- oder Quintett-Formationen weiter ausdehnen. Die Bandpraxis
war für den vielseitigen Jazzmusiker immer auch eine Kreativwerkstatt
für eigene Kompositionen. Zumal das Komponieren, seit dem
Kompositionsstudium (1994-1995) in einer Masterclass von Bob
Brookmeyer, immer mehr ins Zentrum seines jazzmusikalischen Schaffens
rückte. Klingende Dokumente seines stilistisch weitreichenden Wirkens
sind das CD-Debüt "Tesoro" mit den Bandkollegen John Goldsby (Bass),
John Riley (Schlagzeug) und Bill Dobbins (Klavier) sowie die viel
beachtete CD-Produktion (1999) "A Tribute to B.A.C.H." (vgl. dazu
Jazzpodium, Mai 2000). Für die CD-
/DVD-Produktion "Some Skunk Funk" (2003) bekam Rolf Römer als Mitglied
der WDR Big Band Köln in der Kategorie: Best Large Jazz
Ensemble den Grammy Award 2007. Michael
Brüning (JAZZPODIUM, März 2015)
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