Rolf Römer
(JAZZPODIUM, November 2004)

Das Hobby zum Beruf machen und dann mit möglichst vielen internationalen Größen des Jazz zusammenarbeiten, dies mag für viele ein musikalischer Traum bleiben, für den Tenorsaxophonisten Rolf Römer wurde dieser Wunsch zur Wirklichkeit. Der zu den führenden Saxophonisten in der deutschen Big-Band-Kultur zählende Musiker verabschiedete sich nach 23-jähriger Orchesterarbeit bei der WDR Big Band Köln zusammen mit dem Trompeter Rick Kiefer, der ebenfalls nach über 27 Jahren seine Tätigkeit bei der Big Band des WDR beendete, in einem Sonderkonzert ("Rolf und Rick", Leitung: Michael Abene) von seinen Bandkollegen und dem Publikum im Kölner Stadtgarten. Mittlerweile ist Rolf Römer wieder nach Berlin zurückgekehrt, wo er seit September mit seiner Frau, der Malerin Jutta Römer, ein neues Domizil gefunden hat. Berlin war für den Jazzmusiker immer eine Reise wert, zumal er in vollen Zügen die Arbeit bei der SFB Big Band unter Leitung von Paul Kuhn genossen hat, dort viel in den Clubs gearbeitet und immer wieder gerne in Gastkonzerten der WDR Big Band auf dem Jazzfest Berlin mitgewirkt hatte.

"Learning by doing", so beschreibt Rolf Römer gerne seine erste Beschäftigung mit dem Jazz. Der gebürtige Wiesbadener ließ sich vom eingeschlagenen Werdegang, eben Jazzmusiker zu werden, nicht abbringen, auch wenn ihn das klassische Klarinettenstudium an der Frankfurter Musikhochschule zunächst in ganz andere solistische Kategorien führte. "Es gab aber kein Zurück, ich war vom Jazz infiziert", stellt Rolf Römer fest, wenn er an erste Spielerfahrungen auf dem Alt-, später auf dem Tenorsaxophon, an Transkriptionen unterschiedlichster Jazz-Titel von Platten oder an Besuche in Jazzclubs in der Region zurückdenkt. Eine unschätzbare Spielpraxis und Lebenserfahrung war für den Jazzenthusiasten die Konzerttätigkeit in verschiedenen Jazzformationen, wobei ihn Konzerte zu amerikanischen Clubs in ganz Europa führten. Genauso prägend wie die umfangreiche Konzertaktivität war für Rolf Römer der Aufenthalt von 1965 bis 1969 in Paris. Dort bahnte sich der Freelancer, protegiert von Heinz Schäfer, - einem vielbeschäftigten Filmkomponisten und Arrangeur, der u.a. für Charles Aznavour tätig war -, seinen Weg zu Studiojobs, Engagements bei Konzert-Galas, Konzerten und vielen Jam-Sessions in diversen Jazzclubs. Den kulturellen Schmelztigel Paris verließ Rolf Römer 1969 in Richtung Berlin, wo er als Tenorsaxophonist der SFB Big Band bis 1980 an zahlreichen TV-Produktionen und Konzerten mit vielen Stars (Quincy Jones, Oliver Nelson, Nancy Wilson, Ray Charles, Ray Brown und vielen anderen) beteiligt war. Neben der Orchesterarbeit engagierte sich der Jazz-Allrounder früh für eigene Projekte. Hier feilte der Tenorist im kommunikativen Teamplay an seinem Sound. Auf seine musikalischen Vorbilder angesprochen, erwähnt Rolf Römer einige Jazz-Heroen, darunter Charlie Parker, John Coltrane, Zoot Sims, Stan Getz, Gerry Mulligan oder Dexter Gordon. "Natürlich habe ich viele stilistische Einflüsse verinnerlicht. Wichtig war mir immer, meine eigenen Sachen zu machen". Diesem Leitgedanken ist Rolf Römer bis heute treu geblieben.

Der Wechsel von Berlin nach Köln zur WDR Big Band Köln markierte in der Biografie des Jazzmusikers einen neuen Lebensabschnitt. Am 1. Dezember 1981 hatte der Tenorsaxophonist seine Arbeit in dem WDR-Orchester aufgenommen. Von Beginn an faszinierte ihn die konzeptionelle Vielfalt in der Orchesterarbeit, aber auch das musikalische und solistische Potenzial seiner Orchesterkollegen. Hinzu kam, dass die WDR Big Band Köln kein Repertoire-Orchester, sondern ein Jazz-Orchester mit einem innovativen Programmprofil ist, was nicht zuletzt den Tenorist in seiner 23-jährigen Orchestertätigkeit stets aufs Neue herausforderte, zumal stilistisch vielfältige Projekte des langjährigen Orchestermanagers und Produzenten der WDR Big Band Köln, Wolfgang Hirschmann, und seines Nachfolgers Lucas Schmid das Repertoire neu ausweiteten. Besonders froh und zufrieden stimmt den Musiker, dass während seiner Zeit die WDR Big Band Köln ihren Aufstieg zu einem Jazzorchester von internationalem Rang machte. Ebenso freute es ihn, "dass wir so oft mit Mel Lewis gespielt haben. Mel hat uns aufhorchen lassen. Jerry van Rooyen war der erste Chefdirigent, der die Band geprägt hat. Genauso erinnere ich mich gerne an Projekte mit Bill Dobbins, Bill Holman, Phil Woods, Jim McNeely, Bob Brookmeyer, Django Bates, Clare Fischer, Vince Mendoza, an die Konzerte in Montreux mit Quincy Jones und unsere Konzerte in den USA. Insbesondere die Arbeit mit vielen bekannten Jazzkomponisten und Arrangeuren, deren Soundvorstellungen wir in der Band stets neu umzusetzen hatten, dies alles hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht".

Spielfreudig und gut gelaunt präsentierten sich Rolf Römer und Rick Kiefer mit der WDR Big Band Köln beim Sonderkonzert "Rolf und Rick" (Leitung: Michael Abene). Der bunte Programmmix aus Standards, neuen Arrangements von Michael Abene, Dave Horler und anderen Band-Leadern erhielt durch Rolf Römers Eigenkomposition "Penta Chang" und der Bearbeitung der "Gigue" aus der Partita Nr. 3 von Johann Sebastian Bach (Orchesterarrangement: Bill Dobbins) zusätzliche Farbe. Weitere Impulse für den solistischen Austausch unter Bandkollegen lieferte der Tenorsaxophonist Olivier Peters mit seiner Komposition "Tune for you". Es war dies zugleich ein musikalisches Präsent und Dankeschön an Rolf Römer, den Olivier Peters in den 70er Jahren bei einer Studioproduktion kennen gelernt hatte und mit dem er gemeinsam ab 1985 in der WDR Big Band Köln den Sound des Tenorsaxophons als Teamplayer und Solist verfeinerte.

Nach dem Abschluss seiner Arbeit für die WDR Big Band Köln wird Rolf Römer seine seit vielen Jahren gepflegte Konzerttätigkeit in eigenen Trio-, Quartett- oder Quintett-Formationen weiter ausdehnen. Die Bandpraxis war für den vielseitigen Jazzmusiker immer auch eine Kreativwerkstatt für eigene Kompositionen. Zumal das Komponieren, seit dem Kompositionsstudium (1994-1995) in einer Masterclass von Bob Brookmeyer, immer mehr ins Zentrum seines jazzmusikalischen Schaffens rückte. Klingende Dokumente seines stilistisch weitreichenden Wirkens sind das CD-Debüt "Tesoro" mit den Bandkollegen John Goldsby (Bass), John Riley (Schlagzeug) und Bill Dobbins (Klavier) sowie die viel beachtete CD-Produktion (1999) "A Tribute to B.A.C.H." (vgl. dazu Jazzpodium, Mai 2000).

Für die CD- /DVD-Produktion "Some Skunk Funk" (2003) bekam Rolf Römer als Mitglied der WDR Big Band Köln in der Kategorie: Best Large Jazz Ensemble den Grammy Award 2007.

Michael Brüning

 

(JAZZPODIUM, März 2015)

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